CONTENT MARKETING

Niemand will deinen Sales-Pitch hören. Schon gar nicht online.

Paul Schütz, Founder & Managing Partner, Hamburg
14. Februar 2018
  1. Die Digital Natives sind erwachsen. Unsere Eltern und Großeltern sind auf den Social-Media-Zug aufgesprungen und posten, liken und sharen was das Zeug hält. Jeder shoppt online. Und eigentlich warten wir nur darauf, dass unser intelligenter Kühlschrank sich endlich von alleine füllt. Kurz gesagt: Unsere Gesellschaft ist digitalisiert.

Kein Wunder, dass mittlerweile auch alle Brands nachgezogen haben. Wir erinnern uns: Werbung geht immer dorthin, wo die meisten Augen sind. War vor 20 Jahren eine Website für Unternehmen eher ein „können wir schon machen“, landet heute jedes Business ohne Webpräsenz ganz schnell im Nirwana der Belanglosigkeit.

Die Tatsache, dass wir heute alles zu jeder Zeit mit wenigen Klicks bekommen können – seien es Informationen oder Produkte -, hat uns anspruchsvoller gemacht. Wir erwarten, dass der Kundenservice eines Unternehmens bei Twitter auf unsere Anfragen reagiert, wir wollen kreative Unterhaltung im Sekundentakt – alles persönlich auf uns zugeschnitten. Der moderne Konsument ist anspruchsvoll – und kritisch.

Deswegen nervt uns mittlerweile nichts mehr als stumpfe Werbung, was man am stetigen Wachstum von AdBlockern sehen kann. Wir wollen von Produkten begeistert werden. Sie sollen uns ganz persönlich das bieten, was wir brauchen oder begehren – und das auf eine smarte, unterhaltsame Art und Weise. Hier kommt Content Marketing ins Spiel – aber nicht so, wie viele denken.

Wenn man ständig versucht, jedes Content Piece auf ein spezifisches Produkt zurückzuführen, hat man nicht verstanden, was Content Marketing ist.

„Der Artikel ist wirklich toll gemacht, aber können wir hier und hier und da unten auch noch mal detaillierter auf unsere Produktpalette eingehen?“

Ein kleines Ratespiel: Wie oft hat Paul diesen Satz in den letzten Monaten gehört?

Und wenn ich diesen Satz oft höre, dann geht es allen Kreativen und Content-Marketing-Experten genauso. Davon bin ich überzeugt.

Seth Godin, der Pate des modernen Marketings, sagte bereits 1999 in seinem Buch „Permission Marketing“, dass Werber nur noch Content Marketing haben. Was er damit meint, ist, dass Konsumenten Werbung schon lange durchschaut haben und ihr überdrüssig geworden sind. Je mehr Kauf-mich-Botschaften wir alle in den vergangenen Jahren über Print, TV und Online erhalten haben, desto besser wurden wir darin, sie komplett zu ignorieren und auszublenden. Die meiste Werbung landet genau in diesem Punkt links von uns, wenn wir im Auto sitzen: dem toten Winkel.

Und dann kam Content Marketing ins Spiel. Es geht nicht primär ums Verkaufen. Die Schönheit daran: Gerade weil wir Konsumenten unser Produkt nicht ins Gesicht drücken, können wir den toten Winkel verlassen und uns wieder ins Sichtfeld des Konsumenten bewegen. Und so ein Gespräch mit ihm beginnen.

Und diese neue Beziehung pflegen wir mit Inhalten. Mit lustigen, inspirativen und nützlichen Inhalten. Nicht um in diesem Moment ein Produkt zu verkaufen, sondern um Vertrauen aufzubauen. Um im Gedächtnis zu bleiben. Damit das nächste Mal, wenn unser Konsument auf der Suche nach einem Produkt ist, das wir anbieten, er an uns als erstes denkt. Und bei dieser einen Person hört es nicht auf – wenn wir einen Konsumenten mit Inhalten begeistern und unterstützen, wird er uns weiterempfehlen. Weil wir ihm etwas geboten haben. Weil wir eine Hilfe waren. Weil wir uns gekümmert haben.

Und genau das sollte auch die Definition von Content Marketing sein: Der Konsument interessiert sich in erster Linie nicht für die Marke und das Produkt, sondern für seine eigenen Interessen und Wünsche. Ja, so egoistisch sind wir alle. Deswegen müssen Marken Content für den Konsumenten und nicht für das Produkt produzieren.

Als Beispiel: Ich möchte mein Schlafzimmer renovieren und suche nach Anleitungen im Internet, um selbst Laminat zu verlegen. Dort stoße ich auf einen Artikel, der mir alles Schritt für Schritt erklärt. Tolle Sache. Und dann kommt dieser Satz:

„Anschließend nehmen Sie einen Hammer, den Sie hier für nur 7,99 EUR kaufen können, um etwaige Spalten zwischen den Laminatplatten zu entfernen.“

Urgh…ich will nicht gesagt bekommen, was ich kaufen soll. Geh weg mit deinem Sales-Pitch. Solch eine Herangehensweise führt oft dazu, dass man als Konsument bewusst entscheidet, dass man genau diesen Hammer auf keinen Fall kaufen wird. Aus Trotz.

Besser wäre eine Empfehlung zu weiteren Anleitungen, sodass der Konsument immer wieder bei Renovierungsfragen auf unsere Seite kommt. Wir ihm auch dort hilfreich zur Seite stehen. Und wenn die Renovierungsarbeiten losgehen und er tatsächlich Equipment braucht – an welche Marke wird er dann wohl denken?

Content Marketing ist Beziehungsarbeit. Riskiert diese nicht für einen schnellen Verkauf.