Ist Instagram der neue Endboss im Social-Media-Game? Angefangen als Foto-Community und groß geworden als soziale Plattform, mausert sich Facebooks stärkste Akquisition langsam aber sicher zu einer All-Inclusive Content-Maschine. Mit Instagram TV folgt nun der nächste logische Schritt: Instagram bekommt eine eigene, native Video-Plattform. Wir haben uns das neue IGTV genauer angeschaut.

Kevin Systrom erklärte in seiner Ankündigung von IGTV, dass bereits jetzt etwa 60% der Jugendlichen ihr Smartphone dem Fernseher bevorzugen, um Bewegtbildmaterial zu schauen. Das klassische Fernsehprogramm hat ausgedient. Tag für Tag steigt die Nachfrage nach frischem Content. Bis dato ist YouTube die ungeschlagene Nummer 1, wenn es um long-form Video Content geht. Mit Instagram TV geht Facebook nun in direkte Konkurrenz mit YouTube.

IGTV ist da. 

Instagram hat eine rasante Entwicklung hinter sich. 2010 startete die Foto-App und wurde innerhalb kürzester Zeit für die damals irrsinnige Summe von 1 Milliarde US-Dollar an Facebook verkauft. Damals zählte das junge Unternehmen keine 30 Mitarbeiter und weniger als 100 Millionen User. Was danach folgte ist eine bahnbrechende Erfolgsstory. Mittlerweile zählt die Social-Media-Plattform über eine Milliarde aktive Nutzer und ist drauf und dran das klassische Facebook abzulösen. 

Und es scheint so, als ob sich nichts und niemand Instagram in den Weg stellen kann: Snapchat kämpft mit Wachstumsproblemen, seit Instagram die beliebte Stories-Funktion kopierte und als natives Feature ausrollte. Musical.ly ist über kurz oder lang auch dran. Und nun widmet sich Instagram seinem nächsten Konkurrenten: YouTube. 

Doch wie genau funktioniert IGTV und was sind die Unterschiede zu YouTube? Wir fühlen dem neuen Feature auf den Zahn. 

IGTV: Mobile-First Video Content. 

Instagram TV ist komplett auf den mobilen Nutzer ausgerichtet. Das bedeutet, dass das Video vertikal formatiert und erstellt wird, um es auf einem mobilen Endgerät anzusehen. Klassische Videoproduzenten rümpfen weiterhin die Nase über vertikale Videos, aber Fakt ist, dass gerade die junge Zielgruppe dieses Format favorisiert. Immerhin muss man so nicht mehr das Smartphone drehen, um in den Genuss von Full-Screen Video Content zu kommen. Instagram setzt alles auf Mobile-First und macht vertikale Videos zum nativen Format für IGTV. 

IGTV UX: Swipe and Go. 

Bei der Bedienung orientiert sich Instagram TV ganz klar am bereits bekannten Stories Feature. Wischt wischt man links, kommt man direkt zum nächsten Video. Rechts geht es eins zurück. Aktuell muss man sagen, dass die Discovery-Funktion noch ein wenig an Übersicht zu wünschen übrig lässt. Persönlich fühle ich mich ein wenig an das UX-Chaos von Snapchat erinnert. Dennoch hat Instagram mit der aktuellen Benutzeroberfläche einen entscheidenden Vorteil: Theoretisch kann man ohne Ladepause von Video zu Video springen und somit Unmengen an Content konsumieren. Die Engagement- und View-Zahlen werden Luftsprünge machen. 

IGTV: Direkte Integration in Instagram. 

Für die Adaption von IGTV ist das der größte Vorteil. Mehr als eine Milliarde Menschen haben Instagram bereits auf ihrem Smartphone installiert. Und da IGTV direkt in die normale Instagram App eingebunden ist, hat auch IGTV auf einen Schlag ein Publikum, dessen Größe an die Gesamtbevölkerung von China herankommt. Für Brands und Creators bietet sich eine großartige Möglichkeit, ihre regulären Instagram Follower ohne Umwege auf ihren IGTV Channel zu lenken. 

Vor allem für Marken, die bereits eine starke Präsenz auf Instagram aufgebaut haben, ist es somit ein Leichtes, längeren Video Content zu pushen. Den Sprung auf YouTube und die damit verbundene Mehrarbeit kann man sich somit unter Umständen sparen. Zusätzlich lässt sich die eigene Facebook Seite direkt mit IGTV verbinden. Synergie par excellence! 

IGTV: Längere Videos, mehr Spaß. 

Last but not least: Instagram entfernt die 1-Minuten-Video-Barriere. Hier liegt der direkte Konkurrenzkampf zu YouTube. Während bisher Instagram Video Postings ein Limit von einer Minute hatten, kann bei IGTV jeder Videos mit einer Länge von bis zu einer Stunde hochladen. Die Frage ist, ob erfolgreiche YouTube Creator nun auf den Zug aufspringen und ihre aufwändig produzierten Videos in Zukunft auch für das vertikale IGTV Format anpassen werden. 

Instagram TV: Fehlende Funktionen.

Zur Zeit gibt es noch keine Möglichkeit, Videos mit der integrierten Kamera von Instagram aufzunehmen. Das heißt, dass man Videos anderweitig filmen und aus der eigenen Galerie uploaden muss. Dies ist aber sicherlich nur eine Frage der Zeit. Facebook bzw. Instagram haben bereits jetzt den Vorteil, dass man seine Stories durch zahlreiche Filter, Sticker und andere Spielereien verschönern kann. Dieses Feature wird auch IGTV über kurz oder lang integrieren und somit eine eigene Bildsprache für IGTV Content schaffen. 

IGTV + Instagram Shopping: YouTube meets E-Commerce.

Interessant wird auch, ob und in welcher Form Instagram Shopping auf IGTV Einfluss nehmen wird. Eine intelligente Integration des E-Commerce-Features könnte für Marken und Influencer ein wahrer Game-Changer werden. Produkte direkt im Video durch einen Klick in den Warenkorb werfen? Bereits in Kürze könnte das keine Zukunftsmusik mehr sein. Dies wäre ein entscheidender Vorteil von IGTV zu YouTube und würde die Plattform sowohl für Branded Content als auch als Monetarisierungsweg für Influencer unbezahlbar machen.

Es stehen spannende Wochen an. Aktuell sind bereits viele aktive Instagram Profile auch auf IGTV anzutreffen. Jetzt entscheiden die User, ob IGTV ein etabliertes Feature oder sogar „the next big thing in video“ wird.

Eins ist klar: Vertikaler Video Content ist nun offiziell im Mainstream angekommen. Ob es uns gefällt oder nicht.